Wir erleben derzeit einen regelrechten Hype um KI-Tools. Und die Fähigkeiten von Tools wie ChatGPT sind in der Tat beeindruckend. Auf Knopfdruck sind Texte erstellt oder zusammengefasst, Informationen recherchiert und Ideen generiert. Je präziser der Prompt, desto besser das Ergebnis. Kunden-Mailing, Newsletter-Editorial, Produktbeschreibungen aber auch die private Geburtstagseinladung: ChatGPT scheint es mit allen Arten von Texten aufnehmen zu können! 

Künstliche Intelligenz ist im Alltag also längst angekommen und scheint die Arbeit von Content-Expert*innen zu ersetzen. Schreibt uns bald nur noch KI die Texte?

Wo liegen die Stärken von ChatGPT und Co?

Betrachtet man die Möglichkeiten, die sich mit KI-Tools wie ChatGPT bieten, ist es wenig verwunderlich, dass vor allem das Erstellen von Content die weltweit am häufigsten durch KI-unterstützte Leistung im Marketing ist. Das belegt auch eine aktuelle Studie von der SRH Berlin University of Applied Sciences.  

Und die Skepsis gegenüber KI sinkt – in den vergangenen fünf Jahren um 67 Prozent. Gleichzeitig hat die Nutzung von KI-Tools im selben Zeitraum um über 53 Prozent zugenommen. 

Eins ist sicher: Diese Tools werden unsere Arbeit im Bereich Digital Content verändern und dabei den fachlichen Fokus deutlich verschieben. Ein Beispiel: Ich soll für einen Newsletter klickstarke Betreffzeilen texten. Kein Problem, dafür brauche ich normalerweise nicht viel Zeit. Jetzt sprechen wir aber von 20 Newslettern für verschiedene Branchen und in unterschiedlichen Stilen der Kundenansprache. Dank ChatGPT kann ich mir innerhalb kürzester Zeit mehrere Varianten für Betreffzeilen und Editorials generieren lassen. Als Content-Experte konzentriere ich mich dann ganz auf den Feinschliff

Wir sehen daran: Die KI ist ein Game Changer in der täglichen Arbeit, vor allem für die schnelle Ideengenerierung und bei Aufgaben mit hohem Mengengerüst. Gute Ergebnisse erfordern jedoch ein gutes Prompting, also die Formulierung der Anweisung an die KI. Daher wird sich auch das Skillset von Content-Expert*innen verschieben oder besser gesagt erweitern, was wiederum Chancen für neue Rollenspezialisierungen bietet.

Generative KI erklärt

Wie Entwicklungen der Tech-Giganten die Welt verändern

Redaktion und Migration: Auch hier gibt es Pluspunkte für die KI

Bei der Redaktion geht es vorrangig darum, größere Mengen an Content, wie Texte, Bilder und Videos, effektiv zu verwalten. Anbieter werden auch für diese Aufgaben in Zukunft KI-basierte Funktionen in ihre Systeme implementieren. Damit könnten zum Beispiel automatisiert Texte mit zielgruppenspezifischer Ansprache erstellt oder Zuschnitt, Ausrichtung und Verschlagwortung von Bildern vorgenommen werden. 

Mindestens genauso interessant ist das Mindset der Nutzenden, sich auf die Verwendung solcher Features einzulassen. Steigt die Nutzung von KI-Tools zur Texterstellung oder Bildverwaltung im privaten Kontext, wird auch die Akzeptanz im Redaktionsumfeld wachsen. 

Content-Migrationen sind ein zentraler Bestandteil der Redaktionsarbeit. Der Sinn einer Migration liegt in der Regel darin, im Rahmen eines System- oder Versionswechsels bestehende Inhalte unter verschiedenen Gesichtspunkten zu verbessern. Bilder verändern ihre Dimensionen, Teaser haben andere Textlängen, neue Komponenten kommen hinzu. Nicht zu vergessen das von Redakteur*innen zu bewältigende Mengengerüst. Mitunter werden hunderte Seiten mehrfach bearbeitet, bevor sie wirklich fertig sind. Das bedeutet einen enormen Aufwand bei Planung, Koordinierung, Qualitätssicherung, Abnahme und Go-Live. Hier wird der Einsatz von KI im Asset- und Projektmanagement schon in naher Zukunft spannend sein und Themen wie die Content-Migration grundlegend verändern.

Do’s – ChatGPT und Digital Content

Wo stoßen KI-Tools an ihre Grenzen?

Bleiben wir beim Beispiel ChatGPT: Der Chatbot stützt sich auf Informationen einer Datenbank mit dem ungefähren Wissenstand von April 2023 (kostenpflichtige Version GPT-4). Aktuelle Geschehnisse sind ihm somit unbekannt. Die Antworten werden anhand von Wahrscheinlichkeiten generiert. ChatGPT kann also nicht zwischen richtigen und falschen Informationen unterscheiden. Fehlen der KI Inhalte, dann dichtet sie häufig welche hinzu. Es ist daher die Aufgabe des Menschen, die Ergebnisse zu hinterfragen und auf Richtigkeit sowie Vollständigkeit zu überprüfen, um damit sinnvoll weiterzuarbeiten. 

Und auch der Prompt ist wichtig: Die KI muss mit den richtigen Anfragen gefüttert werden, um verwertbare Ergebnisse zu liefern. Dafür muss ich als Content-Experte wissen, was mein Projekt oder Kunde eigentlich braucht. Auch hier kommt wieder der Mensch ins Spiel, die KI ist vielmehr dessen Co-Pilot

Und was sagt Google dazu? Wer zur Texterstellung KI-Tools wie ChatGPT angemessen nutzt, verstößt nicht gegen die Richtlinien des Suchmaschinenanbieters. Allerdings wird der vermehrte Einsatz von KI-generierten Inhalten zur gezielten Manipulation des Rankings auch weiterhin als Spam gewertet und entsprechend abgestraft. Das heißt, Unique Content aus der digitalen Feder von Content-Expert*innen, bleibt weiterhin King.

Don’ts – ChatGPT und Digital Content

UX-Writing: Das geht nicht ohne den Faktor Mensch

UX-Writer erstellen oder optimieren Texte in digitalen User Interfaces und kümmern sich um all die kleinen Textartefakte wie Buttons, Labels, Hinweis- oder Fehlermeldungen. Ein guter UX-Text erleichtert die Nutzung eines Produkts oder macht seine Bedienung überhaupt erst möglich. 

Häufig geht es im UX-Writing darum, so wenig Worte wie möglich zu nutzen – dafür aber die richtigen. Um das zu schaffen, müssen UX-Writer viele „Bälle“ gleichzeitig im Spiel halten: die Zielgruppe und deren Erfahrungen, Ängste und Unsicherheiten, Markensprache, Wording Guidelines und kulturelle Besonderheiten, aber auch Klickpfade, Textlängen oder Design-Richtlinien. Das Ziel: eine exzellente User Experience. Für KI-Tools wie ChatGPT ist das (bisher) zu komplex. Nicht so für UX-Writer! Um solche Aufgaben zu meistern, stützen Sie sich auf die folgenden 5 UX-Writing Grundprinzipien:

#1 Keep it simple

  • Verständlich, prägnant und einheitlich schreiben 
  • Jedes Wort hat seine Aufgabe 
  • Sprache der Nutzer*innen sprechen 
  • Dinge immer beim gleichen Namen nennen 

#2 Sei kein Roboter

  • Nicht die Maschine kommuniziert, sondern der Mensch 
  • Deswegen: Dialog zu Nutzer*innen aufbauen 
  • Freundlich und natürlich kommunizieren, wie im Gespräch mit gutem Freund oder Geschäftspartner 

#3 Sei hilfreich

  • Sicherheit geben, wie etwas zu bedienen ist und in welcher Form Daten eingegeben werden sollen 
  • Proaktiv sein und Nutzerfragen beantworten, bevor diese entstehen 
  • Merksatz: Don’t make me think! 

#4 Zeig Empathie

  • Nutzerbrille aufsetzen! 
  • In welcher Situation befinden sich Nutzer*innen gerade? 
  • Was geht ihnen durch den Kopf? Was hindert sie, weiterzumachen? 
  • Eine Prise Humor ist durchaus erlaubt. 

#5 Liefere den Reason Why

  • Sagen, warum bestimmte Daten benötigt werden 
  • Mehrwert und Nutzen kommunizieren 
  • Unsicherheiten bei Nutzung des Produkts adressieren und überwinden 

Unser Fazit

Es ist davon auszugehen, dass KI ein immer wichtigerer Faktor im Bereich Digital Content wird und damit auch den Marketingerfolg von Unternehmen langfristig beeinflusst. Richtig eingesetzt, haben KI-Tools wie ChatGPT riesiges Potenzial – vor allem für repetitive, bisweilen auch lästige Aufgaben mit hohem Mengengerüst. Geht es aber um individuelle Ergebnisse, die eher über neue Wege statt altbekannter Pfade erreicht werden, spielt der Mensch seine Stärken aus. KI funktioniert nicht ohne die Prüfinstanz Mensch. Und der Mensch hat mit KI-Tools hilfreiche Assistenten, die ihn unterstützen – aber nicht ablösen.


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Digitaler Schub für Unternehmen

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Markus Priebs, Content Designer und UX-Writer | Telekom MMS

Markus Priebs beschäftigt sich seit 15 Jahren mit der Erstellung und Optimierung von nutzerzentrierten und conversionstarken Inhalten für alle digitalen Kanäle sowie Kunden jeder Branche und Größe. Als Senior Content Designer schlägt sein Herz für UX-Writing und Microcopy, um mit wenigen Worten einen echten Mehrwert zu liefern. Die Nutzerbrille nimmt er nur beim Schlafen ab.


Matthias Körner, Consultant für Digital Content | Telekom MMS

Matthias Körner ist Digital Content Consultant bei der Telekom MMS. Er unterstützt und berät Unternehmen seit fast 20 Jahren bei der Einführung und Arbeit mit Enterprise Content Management Systemen. Die Planung und Durchführung von Content-Migrationen ist dabei ein Schwerpunkt.

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