In Deutschland gibt es 8 Millionen Menschen, die eine Schwerbehinderung haben. Darüber hinaus gibt es viele Menschen, die eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung aufgrund ihres Alters haben, z.B. grauer Star, oder temporär beeinträchtigt sind, weil sie sich bspw. einen Arm gebrochen haben. Sie alle wollen selbstverständlich am digitalen Leben teilhaben. Barrierefreiheit ist demnach eine Anforderung, die auch digitale Produkte und Services einschließt. Um das zu ermöglichen, gibt es verschiedene Hilfsmittel: Screenreader, Bildschirmlupen oder Anpassungen im Betriebssystem, wie das Anpassen von Farben, Zoomen oder die Bedienbarkeit komplett durch die Tastatur. Generell gilt das Motto: „Design for all. Alle sollen den Zugang haben, alles zu nutzen.“
Im Gespräch mit Carola Meixner
Carola Meixner ist Consultant für Usability & Barrierefreiheit und zu Gast in unserem Podcast Ausgesprochen digital. In der Folge spricht sie darüber, wie digitale Barrierefreiheit umgesetzt werden kann und welche Anforderungen es dazu gibt.
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Mit ihren Kolleg*innen arbeitet sie im Kompetenzzentrum für digitale Barrierefreiheit und User Experience und ist für die Qualitätssicherung verantwortlich (z.B. Unterstützung beim Design von Webseiten). Sie testen, ob Anwendungen und Webseiten die entsprechenden Anforderungen für Barrierefreiheit in der User Experience erfüllen. Eine weitere Aufgabe ist die Sensibilisierung und Beratung von anderen Teams in unserem Unternehmen.
Das Vorgehen im Kompetenzzentrum ist durch die Deutsche Akkreditierungsstelle zertifiziert, so dass eine standardisierte Erfüllung der Anforderungen gewährleistet werden kann. Dabei wird jährlich überprüft, ob das Team sich an einheitliche Prüfprozesse hält und ob ihre Tests objektiv sind.
Ohne inklusive UX, geht nix! Digitale Barrierefreiheit wird zum Standard
Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist bereits seit Jahren hochpolitisch, denn die Digitalisierung wird hier vor allem als Chance für mehr Teilhabe und Inklusion gesehen. Bisher war die Barrierefreiheit vordergründig für öffentliche Stellen verpflichtend. Inzwischen gibt es mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und der zugehörigen Verordnung auch die Verpflichtung für Wirtschaftsunternehmen. Die Regelungen müssen ab 2025 für Produkte mit digitalen Schnittstellen bzw. Benutzungsoberflächen sowie digitale Dienstleistungen und Services umgesetzt sein. Der Trend geht dahin, dass Unternehmen sich jetzt schon mit den Anforderungen auseinandersetzen und erste Maßnahmen umsetzen. Denn diese haben einen direkten positiven Einfluss auf die Reputation und die Geschäftsprozesse in Bezug auf Nutzerfreundlichkeit, Serviceorientierung und dem ganzheitlichen digitalen Erlebnis mit der Marke. Die Investition in die digitale Teilhabe lohnt sich also unbedingt und ist inzwischen auch zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden.
Ein Wechsel auf ein barrierefreies Angebot bringt viele Vorteile mit sich. Vor allem können Unternehmen ihre Zielgruppen erweitern, indem sie ihr Design für alle zugänglich machen. So geben sie durch eine Verbesserung ihrer User Experience jedem Nutzenden eine Chance am sozialen Leben und am Arbeitsleben teilzuhaben. Dabei ist Barrierefreiheit längst kein Fremdwort mehr. So wurde auch im Rahmen unserer UX-Reifegradstudie positiv herausgestellt, dass nur noch 15% der Teilnehmenden den Begriff Barrierefreiheit nicht kannten. Weitere 6% gaben zu, dass es für das eigene Unternehmen und dessen Produkte keine Rolle spielt oder ignoriert wird, obwohl die gesetzlichen Vorgaben bekannt sind. Die besondere Wertstellung zeugt von Empathie und dem Bewusstsein dafür, dass es jeden einmal mit entsprechenden Beeinträchtigungen z.B. durch einen Unfall, Krankheit oder im Alter treffen kann. Manchmal sind es auch schon kleine Stellschrauben, wie das zur Verfügung stellen von barrierefreien digitalen Dokumenten und Formularen, die jeder ganz einfach berücksichtigen und umsetzen kann. Allgemein zahlt Barrierefreiheit auf den Komfort aller Zielgruppen ein und macht jedem das Leben etwas leichter.
So geht es barrierefrei in die digitale Welt
Vielleicht versetzen Sie sich selbst einmal in die Lage Ihrer Nutzer*innen und verwenden Tools zur Simulation von möglichen Beeinträchtigungen.
Hier sind nur beispielhaft die Folgenden genannt:
- Silktide ermöglicht es die eigene Webseite mit verschiedenen Einschränkungen wie Farbenblindheit oder Dyslexie zu erleben.
- Adobe Color testet, ob die eingesetzte Farbauswahl visuell lesbar ist, indem das Kontrastverhältnis von Hintergrund- und Textfarben überprüft wird und mit den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) abgeglichen wird.
- Leserlich befasst sich mit dem Kommunikationsdesign und den unterschiedlichen Anforderungen an die Gestaltung von Schrift, Text und Bild, an die Beschaffenheit von Druckträgern sowie an das Design und die Bedienbarkeit von digitalen Medien.
Mithilfe der Tools kann jeder selbst nachvollziehen und ausprobieren, welche Anforderungen die verschiedenen Zielgruppen haben.
Nun geht es daran, die Anforderungen am besten direkt am Anfang eines Projektes mit aufzunehmen. Besonders bei der Erstellung einer Webseite oder einer mobilen App ist dies ein großer Vorteil. Somit können nachträgliche Änderungen vermieden und dadurch Aufwände und Kosten gespart werden. Hierbei steht Carola mit ihrem Team hilfsbereit zur Seite. Es werden Schulungen zum Thema digitale Barrierefreiheit angeboten, Beratungen durchgeführt, bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen unterstützt sowie Wissen vermittelt, damit mit den richtigen Anforderungen in das Projekt gestartet werden kann und unnötige Aufwände vermieden werden.
Viele Unternehmen fragen sich jedoch: Leidet das Design meiner Produkte, wenn ich diese barrierefrei anbiete? Wenn die Anforderungen der Barrierefreiheit innerhalb der angebotenen Produkte bekannt sind, lassen sie sich auf einfache Art mit dem Corporate Design vereinbaren. Der Aufbau einer Webseite kann beispielsweise so gestaltet werden, dass Tastaturbedienkonzepte mitgedacht werden. Oder durch das richtige Einsetzen von Farbkontrasten im Design (bspw. keine gelbe Schrift auf weißen Untergrund), Texte auf der Webseite lesbar bleiben.
Wenn die digitalen Produkte und Dienstleistungen bereits vorhanden sind und im Nachhinein eine Anpassung auf Barrierefreiheit umgesetzt wird, kann dies einen langen und kostenintensiven Prozess darstellen. Komplette Neuentwicklungen haben deshalb spezielle Voraussetzungen, mit denen das Team von Carola umzugehen weiß. Es werden zunächst Testdurchläufe gestartet, um den Ist-Zustand der Anwendungen zu ermitteln. Damit lassen sich die konkreten Maßnahmen identifizieren, indem aufgezeigt wird, welche Anforderungen bereits umgesetzt sind und an welcher Stelle es noch Optimierungsbedarfe gibt. Diese Weiterentwicklungsmaßnahmen in den Projekten kann das Team dann auch noch weiter begleiten.
Eine Idealvorstellung zum Thema Barrierefreiheit wäre, laut Carola, dass nur noch barrierefreie Produkte bzw. Dienstleistungen angeboten werden und dies eine Normalität innerhalb der Unternehmensstrukturen einnimmt. Doch wie kann diese Herausforderung bis 2025 umgesetzt werden? Hier ist der Appell: Jetzt anfangen! Unternehmen sollten sich jetzt bereits über die Anforderungen und deren Nutzergruppen informieren.
Noch mehr praktische Tipps gibt es im Podcast!
Am 18. Mai 2023 ist der weltweite Aktionstag für digitale Barrierefreiheit (Global Accessibility Awareness Day). Da finden verschiedene Angebote zum Thema statt – um entsprechende Kompetenzen zu vermitteln. Unser Team des Kompetenzzentrums für Barrierefreiheit ist auch dabei.
Moderiert wird diese Folge von Steffen Wenzel, Mitgründer und Geschäftsführer von politik-digital, und Lisa Fiedler, die den Bereich Sustainability & Corporate Citizenship bei Telekom MMS verantwortet.
WIR HABEN SIE AUF DEN GESCHMACK, … AUFS GEHÖR GEBRACHT?
Dann lesen Sie doch begleitend…
Der User Guide Barrierefreie IT zeigt wie die rechtssichere Umsetzung gelingt
> Zum User Guide
1, 2, 3 barrierefrei! Kompetenzzentrum für digitale Barrierefreiheit und Software-Ergonomie
> Unsere Leistungen im Überblick
… und hören Sie auch:
Podcast vom Bundesverband der Deutschen Usability und User Experience Professionals
> Zur Folge mit unserer Expertin Anne-Marie Nebe
Die Podcastfolge „Wie viel Nähe braucht eine erfolgreiche Kundenbeziehung wirklich?“
> Zur Podcastfolge
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Im Digitalen Marketing und in der Unternehmenskommunikation treffe ich in der Telekom MMS tagtäglich auf neue digitale Trends, spannende Zukunftsvisionen und interessante Kundengeschichten. Hier teile ich die Highlights meiner Einblicke.