Stellen Sie sich vor, Sie betreten ein Lagerhaus, in dem Drohnen durch die Gänge fliegen, die jedes Paket automatisch scannen und prüfen. Defekte Waren werden sofort erkannt, und der Bestand wird in Echtzeit aktualisiert – alles ohne menschliches Eingreifen. Diese beeindruckende Technologie ist heute dank Computer Vision (CV) möglich. Künstliche Intelligenz verleiht Maschinen die Fähigkeit zu „sehen“ und zu verstehen, was sie sehen, ähnlich wie wir es tun. Bereits 2022 ergab eine Studie vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft bezüglich dem KI-Einsatz in produzierenden Unternehmen, dass die Bildverarbeitung sowie die multidimensionale Mustererkennung mit 39 Prozent am relevantesten ist. Erfahren Sie, wie genau die KI-gestützte Video- und Bildanalyse funktioniert, wie die Technologie in bestehende Geschäftsprozesse verschiedener Branchen integriert werden kann und welche Herausforderungen es zu beachten gibt.
Was ist Computer Vision (CV)?
Computer Vision (CV) ist eine Teildisziplin der künstlichen Intelligenz (KI), engl. artificial intelligence (AI) und meint, aufgenommene Bilddaten maschinell zu verarbeiten und zu verstehen. Der Begriff lässt sich mit „maschinelles Sehen“ bzw. „Sehen-lernen“ ins Deutsche übersetzen und ist auch unter Machine Vision (MV) geläufig
Computer Vision wird in Kameras, aber auch auf Edge-Geräten und in Cloud-Lösungen verwendet. Mithilfe intelligenter Algorithmen werden Menschen und Gegenstände durch CV von der Maschine erkannt und analysiert. Die Entwicklung des Algorithmus erfolgt dabei mittels Deep Learning bzw. neuronale Netzwerke. Insgesamt finden, je nach Anwendungsfall, drei Ansätze von Machine Learning (ML) bei Computer Vision Verwendung:
- Supervised Learning: aktives Training der Maschine
- Unsupervised Learning: Trainingsphase entfällt, Erkennung von Merkmalen erfolgt selbstständig
- Reinforcement Learning: belohnungsbasiert via Feedback (positiv oder negativ)
Der eigentliche Prozess von Computer Vision erfolgt in drei Schritten:
- Bilderfassung
- Bildverarbeitung
- Bildverständnis
Was können Unternehmen mit Computer Vision erreichen? Das maschinelle Sehen lässt sich für verschiedene Use Cases einsetzen. Diese reichen von der einfachen Objekterkennung (inkl. Tracking und Quantifizierung) über Bildmanipulation (Anonymisierung), der Klassifizierung von Objekten (Suche ähnlicher Bilder) und der Zeichenerkennung (Barcodes) bis hin zur Video-Interpretation (Prozessüberwachung/ Anomalie-Erkennung).
Anwendungsbereiche für Computer Vision finden sich im Retail, aber auch in der Logistik und Produktion.
Erfahren Sie mehr über den Einsatz moderner Bildverarbeitung mittels unserer Lösung AI Vision Plattform.
Wie wird Computer Vision umgesetzt?
Das Vorgehensmodell von Computer Vision gliedert sich in mehrere Schritte, basierend auf mittels Kamera-Streaming erfasster Daten.
Die einzelnen Schritte im Überblick:
- Es liegt ein bestimmter Use Case vor: z. B. Die Unterscheidung verschiedener Obstsorten in der Supermarkt-Auslage
- Es liegt eine möglichst große Menge an Daten zum Use Case vor: z. B. Bilder von den einzelnen Obstsorten
- Es erfolgt eine Definition der Daten-Inhalte mittels Pre-Processing (= Labeling): z. B. Labeling der einzelnen Obstsorten
- Es erfolgt ein Training eines Modells: Die KI versteht, wie sich Inhalte unterscheiden
Wie integriere ich Computer Vision in meine bestehenden Geschäftsprozesse? AI Vision Suite
Für eine Integration von Computer Vision in das Business empfiehlt es sich am besten schrittweise vorzugehen. Zunächst geht die Überlegung voran, welche Prozesse generell optimiert werden sollen und automatisiert werden können. Und zu welchem konkreten Nutzen. Ist hierzu eine Entscheidung gefallen, lässt sich Computer Vision mit den richtigen Tools unkompliziert an die vorhandene Kamera-Infrastruktur anbinden.
Hier empfehlen sich die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen, externen Partner sowie die Nutzung einer Gesamt-Lösung, wie beispielsweise unserer AI Vision Suite. Unternehmen profitieren dabei von einem Zusammenspiel aus Kamera-Stream, Datenauswertung und individuellen Dashboards. Durch diese All-in-one-Lösung lassen sich einzelne Standard-Automatisierungen bereits innerhalb eines Monats implementieren. Für individuelle Projekte, bei denen verschiedene Algorithmen zusammenspielen, sollte etwas mehr Zeit eingeplant werden (etwa drei Monate). Eine Möglichkeit ist hier eine teilautomatisierte Übergangsphase als „softer Einstieg“, bei dem zunächst nur einzelne, modulare Anwendungen ausgewählt werden und die Automatisierung dann step-by-step erweitert wird.
Unabdingbar für den gesamten Integrations-Prozess ist, dass die Mitarbeitenden rechtzeitig für das Thema sensibilisiert und Schulungen angeboten werden.
Überblick zur Integration von Computer Vision:
- Überlegung: welche Prozesse automatisieren/ optimieren?
- Beschäftigte sensibilisieren/ schulen
- Ausreichend Zeit einplanen für den Roll-out (ein bis drei Monate)
- Anbindung von CV an vorhandene Infrastruktur:
- Externen Partner hinzuziehen
- All-in-one-Lösung nutzen
Was muss ich beachten? Welche Herausforderungen und Stolperfallen gibt es?
Die Haupt-Herausforderung beim Einsatz von Computer Vision ist die Beachtung geltender Datenschutz-Richtlinien. So gilt es, mit anonymisierten Daten zu arbeiten (für ein allgemeines Customer Counting ist bspw. keine Gesichtserkennung notwendig) und Datensätze nicht länger als notwendig zu speichern (DSGVO Grundsatz der Datenminimierung). Prinzipiell werden Videos beim Einsatz von Computer Vision nicht gesichert, sondern notwendige Daten vom CV-Algorithmus direkt aus dem Video-Stream gezogen und tabellarisch oder in Grafiken gespeichert.
Wichtig ist, dass Unternehmen den Zugriff auf die oben genannten Daten ausreichend schützen und beschränken. Der Nutzen sollte bei der Daten-Verwertung im Fokus stehen und Mitarbeitende und Kundschaft verständlich über den Kamera-Einsatz aufgeklärt werden, beispielsweise mit einem Schild im Eingangsbereich. Nur so wird die gesetzlich geltende Informationspflicht gewährleistet.
Unser Tipp: Sprechen Sie mit dem Datenschutzbeauftragten Ihres Unternehmens und klären Sie im Vorfeld ab, welche konkreten Punkte Sie für den Einsatz von CV beachten bzw. umsetzen müssen.
Eine weitere Herausforderung beim Einsatz von Computer Vision besteht darin, die Beschäftigten nicht außen vor zulassen, sondern rechtzeitig an das Thema KI heranzuführen und zu begeistern. Denn die beste Technik bringt Unternehmen nicht weiter, wenn ihre Belegschaft nicht damit umzugehen weiß oder sich sogar davon überfordert fühlt (➥ mehr zu KI in Unternehmen).
Unser Tipp: Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden über einzelne Schritte. Legen Sie ein oder zwei Personen fest, die konkret für das Thema KI in der Belegschaft beauftragt sind. Organisieren Sie Schulungen und Workshops und zeigen Sie auf, welche konkreten Vorzüge die Nutzung von CV mit sich bringt. So begeistern Sie Ihre Mitarbeiter*innen für das Thema und können schneller von höheren Effizienzen profitieren.
Für welche Branchen ist Computer Vision interessant?
Die Technologie der Computer Vision kann in ganz verschiedenen Branchen eingesetzt werden und dort Prozesse entscheidend optimieren.
Computer Vision im Retail
Wenn es um die Verbesserung des Einkaufserlebnisses und die Optimierung von Geschäftsprozessen geht, ist Computer Vision im Retail eine effiziente Lösung. Ob die Analyse von Kundenbewegungen im Geschäft oder das Erkennen von leeren Regalen im Geschäft – Computer Vision kann den Einzelhandel voranbringen.
Computer Vision in Logistik und Transport
In der Logistik hilft CV bei der Automatisierung und Optimierung von Lagerprozessen. Beispielsweise können Kameras in Lagerhäusern verwendet werden, um Pakete zu scannen und deren Zustand zu überprüfen, wodurch beschädigte Waren schneller erkannt werden. Für Frutania haben wir bereits erfolgreich eine Anwendung in der Lagerlostik erprobt. Die Kameras lesen hier bei einer Fahrtgeschwindigkeit von bis zu 11 Kilometern pro Stunde Paletten-Labels fehlerfrei aus und ermöglichen so die problemlose Ortung, ohne händischen Aufwand und ohne den Arbeitsprozess zu unterbrechen.
Computer Vision in Fertigung und Produktion
Der Einsatz von KI in der Produktion hat zahlreiche Vorteile. Sind alle Teile korrekt montiert oder haben Produkte Fertigungsfehler? CV-Kamerasysteme lassen sich in der Fertigung und Produktion zur Qualitätskontrolle und Prozessüberwachung einsetzen und sorgen so für eine erhöhte Produktqualität. OPTIPLAN betreibt Produktionsanlagen zur Herstellung von faserverstärktem Kunststoff (GFK) und hat beispielsweise Videokameras zur Erfassung des Produktzustands entlang der Fertigungslinie bereits eingesetzt. In einem Proof of Concept haben wir hier gemeinsam einen Use Case für die KI-gestützte Qualitätskontrolle umgesetzt, der auch das automatische Erkennen einzelner Fehlerklassen beinhaltete.
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Fazit: Mit Computer Vision zum Durchblick
Computer Vision hat das Potenzial, zahlreiche Branchen durch automatisierte Bildverarbeitung und intelligente Analyse grundlegend zu verändern. Von der Objekterkennung im Einzelhandel über die Qualitätskontrolle in der Fertigung bis hin zur Prozessoptimierung in der Logistik – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und bieten enorme Vorteile. Der Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz von Computer Vision liegt in der sorgfältigen Planung und Integration, unter Berücksichtigung von Datenschutzanforderungen und der Einbindung der Mitarbeiter*innen. Mit der richtigen Strategie und Unterstützung kann Computer Vision die Effizienz und Qualität in Unternehmen erheblich steigern und einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Weiterführende Informationen:
KI in Unternehmen erfolgreich einsetzen
>Einsatzmöglichkeiten von KI in Unternehmen
KI Bild- und Videoanalyse
>Mehr zur KI-Videoanalyse mittels AI Vision Suite
Podcast: Innovativ mit KI – Business Lösungen mit echtem Mehrwert schaffen
>Zum Blogbeitrag
Als Portfolio Lead für AI & Cognitive Services bei Telekom MMS übersetzt Martin Wunderwald Kundenherausforderungen in passende KI-Lösungen. Mit seiner Fachexpertise in den Bereichen Computer Vision und Optimierung bereichert er unser umfassendes KI-Portfolio.