Die Produktionstechnologie entwickelt sich rasant weiter, und mit ihr die Methoden zur Qualitätssicherung. Diese wiederum basiert in der Fertigung traditionell auf menschlicher Überprüfung, die trotz Schulungen und Arbeitserfahrung fehleranfällig ist, insbesondere wenn nur minimale Abweichungen erlaubt sind. Menschen können Details übersehen, sie unterliegen Schwankungen in ihrer Konzentration und benötigen Pausen, was die Qualitätskontrolle verlangsamt. Zudem sind die Kosten für manuelle Kontrollen hoch. Die Qualitätskontrolle mittels künstlicher Intelligenz (KI) unterstützt deshalb die Produktion, damit Firmen sich auch in der heutigen Zeit am Markt behaupten können. 39 Prozent der in einer ifaa-Studie Befragten gaben an, dass sie bereits KI nutzen, um multidimensionale Muster zu erkennen, oder den Einsatz innerhalb dieses Bereiches der Fertigung planen.  

Bosch zum Beispiel nutzt generative KI, um Bilder von Ausschussware zu erstellen, die nicht gefertigt werden soll. Die Computer Vision kann dann reale Aufnahmen mit diesem Bild abgleichen. Mittels dieser synthetischen Daten geht Bosch von erhöhter Produktivität sowie verminderten Kosten pro Jahr und Werk von einigen hunderttausenden Euro bis zu niedrigen einstelligen Millionenbeträgen aus, abhängig von der Größe des Werkes und dessen Produktionsvolumen. 

Was sind Anwendungsfälle für die Qualitätssicherung in der Produktion durch Computer Vision? 

In der Fertigungsbranche werden KI-gestützte Technologien zur Bild- und Videoanalyse, wie Computer Vision (CV) immer wichtiger, denn die moderne Produktion erfordert Präzision, Effizienz und Skalierbarkeit, um im Wettbewerb bestehen zu können. Gleichzeitig müssen die Kosten für entsprechende Maßnahmen niedrig sein. Anstatt mehrere Augen einen Fall beurteilen zu lassen, setzt man deshalb auf KI und Automatisierung. Die Einsatzbereiche von CV in der Qualitätssicherung der Produktion sind so zahlreich wie spannend und sollten daher näher betrachtet werden. 

CV in der Produktion

1. KI-basierte optische Qualitätskontrollen: End-of-Line-Testing

Einer der Hauptanwendungsbereiche für KI in der Produktion ist es, die Produktqualität automatisiert zu überprüfen. Wo das menschliche Auge nicht mit kommt, erkennt die KI-gestützte visuelle Inspektion Mängel sehr genau. Das End-of-Line-Testing bezeichnet die automatisierte Qualitätskontrolle fertiger Produkte. Dabei kommen verschiedene Technologien von CV bis Schwingungserkennung zum Einsatz. Diese Tests sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Produkte den hohen qualitativen Standards entsprechen, bevor sie das Werk verlassen. Computer Vision-Systeme analysieren dazu in Echtzeit Bilder von Produkten und identifizieren Abweichungen von den Normen, wobei eine gleichbleibende Qualität der Kontrolle sichergestellt wird. Eine Konzeption für diesen Anwendungsfall hat zum Beispiel das Unternehmen OPTIPLAN erstellt und in einen Modellversuch erfolgreich getestet, denn bei Glasfaser-verstärktem Kunststoff in Form von Platten und Rollen darf keine Unebenheit zu sehen sein. Inzwischen läuft die Lösung bereits seit einem Jahr produktiv und wird derzeit auf vier Linien ausgerollt. 

Vorteile der KI-basierten optischen Qualitätskontrollen

  • Genauigkeit: Selbst kleinste Mängel, die menschliche Inspektoren übersehen könnten, werden erkannt.
  •  Geschwindigkeit und Skalierbarkeit: Große Datenmengen können schnell ausgewertet werden, was eine einfache Anpassung an steigende Produktionsvolumina möglich macht. 
  • Kosteneinsparungen: Weniger manuelle Arbeitskräfte und einen geringeren Produktionsausschuss zu haben, senkt vor allem langfristig betrachtet die Kosten. 
  • Sicherheit: Es wird gewährleistet, dass nur qualitativ einwandfreie Produkte in die Auslieferung gelangen. 

2. Predictive Maintenance mit KI

Ein weiterer bedeutender Anwendungsfall von KI in der Produktion ist die vorausschauende Wartung oder Predictive Maintenance. Über die Mustererkennung und -auswertung von CV gelingt es, Sensor- und Maschinendaten inklusive akustischer Signale rund um die Uhr mit den erfassten Bilddaten in Beziehung zu setzen. So können potentielle Ausfälle von beispielsweise Produktionsanlagen frühzeitig erkannt und präventive Maßnahmen rechtzeitig ergriffen werden. Besonders wichtig ist das für GlobalFoundries, einen Chip-Produzenten aus Dresden. Ein Ausfall des Transportsystems im Reinraum hätte nicht nur den Effekt, dass 300mm-Wafer (die Grundlage für die Mikrochips) nicht mehr von A nach B gelangen, eine massive Störung des rund 1400 Schritte umfassenden Fertigungsprozesses wäre die fatale Folge. Die Predictive Maintenance mit KI bewirkt, dass Ausfallzeiten sogar bis um 35 Prozent reduziert werden können. 

Vorteile der KI-gestützten Predictive Maintenance

  • Früherkennung: Anomalien und potenzielle Probleme werden identifiziert, bevor sie zu Ausfällen führen. 
  • Effizienz: Gezielte Wartungsmaßnahmen ersetzen regelmäßige, aber möglicherweise unnötige Wartungen. 
  • Kosteneinsparungen: Eine Wartung ist kostenintensiv, aber viel teurer ist eine Produktionsunterbrechung. Die künstliche Intelligenz in Form von CV kann dabei helfen, beide Kostenpunkte zu reduzieren. 

3. Optimierung von Produktionsparametern

Durch die Analyse historischer Produktionsdaten kann die KI in der Fertigung optimale Einstellungen für Produktionsparameter wie Temperatur, Druck und Geschwindigkeit ermitteln. Die Produktqualität wird dadurch erhöht und die Herstellung effizienter. CV kann an dieser Stelle gemeinsam mit anderen Systemen verwendet werden, um sichtbare Anomalien oder Abweichungen zu erkennen, die auf Probleme hinsichtlich dieser Einstellungen hindeuten. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann die Anpassung von Parametern – ggf. sogar vollautomatisch – angestoßen werden. 

Vorteile der Optimierung von Produktionsparamtern

  • Verbesserte Produktqualität: Optimale Produktionsbedingungen können dauerhaft eingehalten werden. 
  • Reduzierte Ausschussquote: Präzise Einstellungen sorgen für minimierte Produktionsfehler. 
  • Ressourceneffizienz: Der Einsatz von Materialien und Energie wird optimiert.  

4. KI-gestütztes Ersatzteilmanagement

In industriellen Umgebungen spielt das Ersatzteilmanagement eine wichtige Rolle. Durch den Einsatz von KI wird es leichter, Ersatzteile zu verwalten und zu lokalisieren. CV scannt Lagerbestände visuell, erkennt einzelne Teile und überwacht den Bestand in Echtzeit. Durch die Analyse dieser visuellen Daten werden Verbrauchsmuster erkannt und der zukünftigen Bedarf mit weiterführenden Systemen prognostiziert. Dies optimiert die Lagerhaltung und reduziert Ausfallzeiten. 

Vorteile des KI-gestützen Ersatzteilmanagements

  • Effizienz: schnelle und präzise Lokalisierung benötigter Ersatzteile per CV möglich. 
  • Bestandsoptimierung: keine Überbestände und Engpässe mehr. 
  • Kosteneinsparungen: Lagerkosten werden reduziert und Produktionsstillständen wird vorgebeugt. 

Ist der Einsatz von KI in Form von Predictive Maintenance und Computer Vision besser als traditionelle Ansätze? 

Traditionelle Lösungsansätze zur Produktionsoptimierung sind über viele Jahre ausgereift, stoßen aber an Grenzen. Um den weiter steigenden Ansprüchen nach „höher, schneller, weiter“ gerecht zu werden, verspricht der Einsatz von KI neue Potentiale. Das zeigt sich unter anderem in der Fehlerrate. Menschliche Inspektionen können Fehler machen oder Details übersehen, was zu inkonsistenten Ergebnissen führt. Außerdem ist die manuelle Kontrolle zeitaufwändig und schwer zu skalieren, vor allem dann, wenn die zu produzierende Menge steigt. Zu guter Letzt ist die traditionelle Qualitätskontrolle aufgrund von Arbeitskosten preisintensiv, insbesondere wenn eine hohe Präzision erforderlich ist und mehrere Personen mit hoher Fachkenntnis benötigt werden.  

Die Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten verbunden mit den genannten Potentialen für die Fertigung spricht deutlich für den Einsatz von KI-Lösungen in der Fertigung, wenngleich die individuellen Vorteile und Rahmenbedingungen in jedem Fall berücksichtigt werden müssen.  

Herausforderungen der KI in der Qualitätssicherung 

Trotz der zahlreichen Vorteile bringt der Einsatz von KI auch Hürden für die Fertigungsbranche mit sich. Systeme wie die CV sind komplex und erfordern IT-Fachwissen wie Machine Learning. Auch die systemische Ende-zu-Ende-Prozessintegration ist herausfordernd. Zudem ist die Einführung eines KI-Systems mit erheblichen Anfangsinvestitionen verbunden, die sich erst nach dem Rollout erfolgreicher Lösungsansätze amortisiert. Eine weitere zentrale Herausforderung ist die Datenqualität, da Güte und Erfolg der KI-Systeme direkt von qualitativ hochwertigen Daten abhängig sind. Schlechte Datenqualität kann indes zu ungenauen oder irreführenden Ergebnissen führen. Im Hinblick auf die Daten ist deren DSGVO-konforme Verarbeitung ein zusätzlicher Aspekt, der gemeistert werden muss. 

Um diese Herausforderungen im Blick zu behalten und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, hat sich in unserem KI-Team folgendes Vorgehen etabliert: 

Das Standardvorgehen bei AI Use Case Innovations

Fazit: Klare Sicht und volle Kontrolle dank Computer Vision 

Die KI kann bei den verschiedensten Aufgaben in der Produktion unterstützen und ist darum in zahlreichen Bereichen gefragt. So können Unternehmen mit CV die Präzision, Geschwindigkeit und Effizienz ihrer Qualitätskontrollen massiv verbessern und Kosten senken. Sie profitieren außerdem davon, dass KI-Systeme durch maschinelles Lernen kontinuierlich optimiert werden. Sie lernen aus den Daten, die sie analysieren, und passen ihre Algorithmen entsprechend an, was sich positiv auf zukünftige Leistungen auswirkt. Eine Studie der Stanford University und des Toyota Research Institute hat festgestellt, dass es Fälle geben kann, in denen eine KI besser lernt, wenn ihr nicht nur visuelles, sondern ebenfalls akustisches Material gegeben wird. Der in den Tests verwendete Roboter konnte anhand von synchron abgespielten Bildern und Geräuschen zum Beispiel zuverlässiger bestimmen, ob sich noch Würfel in einem Becher befanden oder welchen Druck er aufwenden musste, um ein Bild wegzuradieren.  

Viele Firmen haben bereits verstanden, wie wichtig der Einsatz von neuen Technologien ist, um am Puls der Zeit und wettbewerbsfähig zu bleiben. Aktuell heißt das, sich gegenüber der KI in der Fertigung zu öffnen. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, sollten Unternehmen klare Ziele wie Kosteneinsparungen, oder effizientere Prozesse festlegen. Daraus müssen Potenzialfelder und Anwendungsfälle mit ROI-Potential abgeleitet werden. Eine gründliche Datenanalyse und der digitale Reifegrad sind für den Erfolg der Anpassung ebenfalls entscheidend, da die Qualität der Daten die Leistung der KI-Systeme stark beeinflusst. Ein entsprechendes Datenschutzkonzept rundet die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Lösung ab, um die Rechte der (audio)visuell aufgezeichneten Mitarbeitenden zu schützen. Trotz hoher Anfangsinvestitionen und notwendigem Fachwissen verspricht die Verwendung der CV langfristig erhebliche Kosteneinsparungen und eine bessere Produktqualität.  

Im Anschluss an die Implementierung muss die Leistung der KI regelmäßig überwacht und bei Bedarf angepasst werden. Schulungen zum Thema fördern die Akzeptanz der Technologie und helfen, ihre Vorteile zu erkennen und Veränderungen positiv zu begegnen. Letztlich sorgt KI in der Fertigung nicht nur für eine bessere Qualitätssicherung, sondern steigert auch die Effizienz und Innovationskraft in der Branche. 


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