Mit dem Medienpädagogischen Zentrum in Leipzig (MPZ) erprobten wir an drei verschiedenen Leipziger Schulen, inwieweit VR den herkömmlichen Unterricht als neues Medium ergänzen und anreichern kann. Dabei setzten alle Beteiligten selbst auf ein kollaboratives und exploratives Vorgehen. Wir eruierten, welche gesamtheitlichen Bedingungen gegeben sein müssen, damit Lernen im virtuellen Raum funktioniert und ob nachhaltiges Lernen möglich ist. Unser Projektdesign basierte auf ausgewählten instruktionspsychologischen Ansätzen, um möglichst viele Einflussfaktoren mit zu berücksichtigen.

Das Projekt VR@Schulen fand thematisch und didaktisch auf die jeweiligen Schulen angepasst statt, auch die Klassenstufen wurden dabei berücksichtigt. So sollten die Pädagog*innen mit der VR-Technik vertraut gemacht werden, um mögliche Handlungsempfehlungen sowie Grenzen kennenzulernen. Die Telekom MMS begleitet das Projekt, um die Beteiligten dabei zu unterstützen die VR-Technik für kreative, neue und virtuelle Unterrichtsinhalte zu nutzen. Besonders wichtig dabei war die Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden und Lernenden.

Ziele für das Projekt VR@Schulen Leipzig

Um den Einsatz von Virtual Reality im Unterricht erfolgreich umzusetzen, haben wir uns folgende Ziele im Projekt gesetzt:

  • Einbindung von VR in die aktive Medienarbeit des MPZs
  • Identifikation von Potenzialen von VR im Bildungskontext und wie man diese gezielt fördern und nutzen kann
  • Erstellung eigener, bildungsrelevanter Inhalte im kollaborativen Kontext anstelle vorgefertigter Inhalte zu konsumieren
Ziele beim Einsatz von VR im Bildungskontext

Das Projekt VR@Stadt Leipzig ist auch Teil des Bildungsreports der Deutschen Telekom

Beteiligte Schulen und Klassen

Zur Durchführung der Projekte konnten eine vierte Klasse einer Grundschule, die zehnte Klasse eines Gymnasiums sowie die Klassensprecher der Klassen sieben bis neun einer Gesamtschule gewonnen werden. Die verantwortlichen Lehrkräfte waren teilweise auch am MPZ tätig, so bestand auf deren Seite eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit und Neugierde der neuen VR-Technologie gegenüber.

Projektvorgehen

Der Ablauf der drei Schulprojekte orientierte sich an dem nachfolgenden Schema.

Projektablauf VR@Schulen Leipzig

1. Onboarding und Train-the-Trainer

An zwei eintägigen Präsenzterminen erhielten alle Mitarbeitenden des MPZ sowie die beteiligten Lehrkräfte einen Überblick über den Projektablauf, eine Einführung in die instruktions-psychologischen Grundlagen sowie eine Einführung in die VR-Technologie. Wichtig war dabei, dass alle Lehrkräfte die VR-Brillen sowie die einzusetzende Software kennenlernten und selbst ausprobieren konnten. Im Rahmen der Vorstellung der unterschiedlichen Software und deren Möglichkeiten entschieden sich die beteiligten Lehrkräfte, die Software Gravity Sketch zur Erstellung von 3D-Objekten als auch das VR-Studio von Mobfish zur Erstellung von virtuellen Räumen im Rahmen der Schulprojekte einzusetzen.

2. Design-Thinking-Workshop zur Entwicklung der Inhalte

Den eigentlichen Schulprojekten vorgelagert wurde pro Schule ein eintägiger Design-Thinking-Workshop durchgeführt, in dem auch gleichzeitig die Einführung in die VR-Technologie für die Schüler*innen*innen stattfand.

Aufgeteilt in Kleingruppen entwickelten die Lernenden Personas und Schulszenarien, die als Basis für die zu erstellenden VR-Inhalte dienten. So wurden die Schüler*innen*innen an das kollaborative Szenario herangeführt und erhielten ein Verständnis dafür, welche Möglichkeiten VR bietet. Gleichzeitig wurden das Interesse und die Motivation für das Projekt durch die hohe Partizipation geweckt und gefördert, denn es sollten keine Inhalte entstehen, die an den Schüler*innen und deren Bedarfe vorbei entwickelt wurden. Wichtig war in allen Projekten, dass es nicht Ziel war, vorhandene virtuelle Lerninhalte zu antizipieren und zu konsumieren, sondern im Rahmen des Machbaren eigene virtuelle Inhalte zu entwickeln. Die Vorgehensweisen stärkten das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Selbstbeteiligung seitens der Schüler*innen.

  • Grundschule: Mit ihrem Fokus auf den Fremdsprachen und einer französischen Partnerschule sollte eine virtuelle Tour entstehen, die einen Tag in der Grundschule mit kleinen Erzählungen der Schüler*innen darstellt.
  • Hauptschule: Mit dem Schwerpunkt Schulwerte sollten VR-Szenarien entstehen, um abstrakte Schulwerte konkret erlebbar zu machen.
  • Gymnasium: Hierbei sollten für den Fachunterricht Geschichte unterschiedliche zeitgeschichtliche Szenarien ausgearbeitet werden, um kleine Zeitreisen zu unternehmen.

Als Zusätzliches Ergebnis hatten alle Projektbeteiligten einen einheitlichen Wissenstand zur Nutzung der VR-Brillen erworben, erste virtuelle Objekte oder kleine Visualisierungen der Szenarien mit Gravity Sketch erstellt und damit ein Gefühl für das Arbeiten in virtuellen Räumen entwickelt. Besonders die Schüler*innen lernten zusammenzuarbeiten, erkannten die jeweiligen Stärken ihres Teams, lernten live mit VR zu präsentieren und Feedback still aufzunehmen, um ihre Ideen zu verfeinern. Für die betreuenden Pädagog*innen wiederum eine gute Möglichkeit, die Fähigkeiten zur Selbstorganisation ihrer Klasse zu erleben.

Ausgewählte Ergebnisse mit der Erstellung von virtuellen Welten

3. & 4. Konzeption und Umsetzung der virtuellen Welten

In einem zweitägigen Schulprojekt setzten die Schüler*innen in Kleingruppen ihre erarbeiteten Unterrichtskonzepte um. Dabei nutzen sie das Programm VR-Studio (mobfish), um eine eigene, virtuelle Welt zu erstellen.

Zu Beginn des ersten Projekttages wurden übergreifende „Expertengruppen“ gebildet, die im Umgang der einzusetzenden Medien geschult wurden: Es gab eine Gruppe, die in VR-Studio mobfish ausgebildet wurde, eine Gruppe in der Bedienung der 360-Grad-Kamera zur Erstellung von Panoramafotos und eine weitere Gruppe erhielt Einblicke in die Produktionsweise von Audioaufnahmen.

Gruppenübergreifend wurde ein Kurzworkshop zum Thema „Storytelling“ durchgeführt, dem sich die Erstellung eines Drehbuches als Leitfaden für die Umsetzung pro Kleingruppe anschloss.

Im zweiten Teil wurde mit der Produktion der ersten Medien angefangen. Am Ende des Tages war die notwendige technologische und methodologische Befähigung abgeschlossen und damit die Voraussetzung für die Umsetzung der Projekte geschaffen sowie erste Medien produziert.

Der zweite Projekttag hatte die Medienproduktion und Umsetzung der Projektmaterialien im Fokus. Jede Kleingruppe hatte wieder eine VR-Brille und einen Laptop zur Nutzung. Die einzubindenden Inhalte – Texte, Audio, 360-Grad-Fotos, Video – wurden eigenständig produziert und zu einer virtuellen Tour zusammengeführt.

So entstanden als Projektergebnisse wie geplant virtuelle 360-Grad-Touren zur Präsentation von Schulwerten, zur Darstellung eines typischen Schulalltags mit den wichtigsten Schulräumen sowie eine virtuelle Tour mit Meilensteinen der Geschichte aus unterschiedlichen Epochen.

Als Projektabschluss präsentierte jede Kleingruppe ihre erstellten Projekte im Plenum. Ein Gruppenmitglied führte virtuell und mit der VR-Brille durch die entstandene Welt, während ein weiteres Gruppenmitglied den Entstehungsprozess und das Ergebnis erläuterte. Wie auch während der Kleingruppenarbeit wurde das Ergebnis auf eine Projektionsfläche gestreamt, damit alle Beteiligten die Ergebnisse sehen konnten.

5. Öffentliche Präsentation der Projektergebnisse und Dokumentation

Im Rahmen des Projekts wurden die erzielten Projektergebnisse in einer öffentlichen Abschlusspräsentation erneut präsentiert und die beteiligten Schulen, Lehrkräfte und Schüler*innen gewürdigt.

Darüber hinaus wurde der gesamte Projektverlauf vom ersten Onboarding-Termin der Lehrkräfte bis zur Abschlusspräsentation der Lernenden sowohl per Foto, Video und in Textform dokumentiert, um für Nachfolgeprojekte auch auf die Zwischenergebnisse der einzelnen Termine zurückgreifen zu können. In den Dokumentationen finden sich detaillierte Zeitplanungen, Beschreibungen und Handlungsanleitungen der jeweiligen Phase.

Feedback von Lernenden und Lehrkräften

Nach Abschluss der Präsentation wurden die Schüler*innen*innen anhand eines Online-Fragebogens zum Projekt befragt. Um den Erfolg aus Sicht der Lehrkräfte zu erheben, wurden diese ungefähr eine Woche nach Abschluss der Projekte anhand eines strukturierten Interviews befragt.

Der Fragebogen für die Schüler*innen wurde im LernSax als Formular bereitgestellt. Dieser wurde vom MPZ entwickelt und in Abstimmung mit den Lehrkräften finalisiert.

Bei der Befragung der Schüler*innen wurde deutlich, dass die Mehrheit der befragten Schüler*innen bereits erste Erfahrungen mit VR-Brillen im Gaming Bereich gemacht hat. Trotzdem wurde der Wunsch der Schüler*innen deutlich, eine intensivere Einführung in VR-Brillen zu erhalten. Dabei soll der Fokus verstärkt auf Tipps und Hinweise für die Benutzung und Bedienung der Brillen und die verwendete Software gelegt werden.

Der zeitliche Umfang für die Expertenbefähigung wurde, bedingt durch den begrenzten zeitlichen Rahmen, knapp kalkuliert. In zukünftigen Projekten sollte mehr Zeit eingeplant werden, um eine intensivere Einführung in die Programme zu gewährleisten. Insgesamt haben sich die Schüler*innen mehr Zeit in den unterschiedlichen Phasen gewünscht, vor allem für Konzeptions- und die Expertenphase. In diesen Phasen ist es wichtig, mit schriftlichen Aufgabenstellungen und Checklisten zu arbeiten, um die Selbständigkeit zu gewährleisten. Wichtig war den Schüler*innen dezidierte Ansprechpersonen für die jeweiligen Technologien zu haben.

Bedingt durch den Projektansatz zu kreieren, statt zu konsumieren, wurde den Schüler*innen deutlich, dass VR nicht nur für Spiele und Unterhaltung nutzbar ist, sondern auch für die kreative Gestaltung.

Der Leitfaden für die Befragung der Lehrkräfte wurde durch das MPZ entwickelt. Die Befragung dauert 45 bis 60 Minuten. Bei der Befragung der Lehrkräfte wurde eine allgemeine Begeisterung für das Projekt und den Projektansatz deutlich:

Aus den Rückmeldungen der Lehrkräfte wurde auch deutlich, dass künftige Projekte eine ausgedehntere Zeitspanne für die Schulung der Expert*innen und die Phase der Konzeptionierung einplanen sollten, um die Lernenden verstärkt selbst zu befähigen.

Bei der Befragung betonten die Lehrkräfte die kontinuierliche Kommunikation und den regen Austausch während der Vorbereitung und Umsetzung des Projekts. Besonders positiv hoben sie hervor, dass die Projektumsetzung flexibel auf ihre Wünsche abgestimmt wurde, das Vorhaben nahtlos in den Schulalltag integriert wurde und Sie dabei eine bemerkenswerte Freiheit in der Gestaltung erfuhren, ohne dass es von vornherein in eine festgelegte Richtung gelenkt wurde.

Alle Lehrkräfte betonten die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von VR im Bildungskontext. Neben den Möglichkeiten des kreativen Arbeitens, betonten die Lehrkräfte auch die Möglichkeiten der Immersion und des Erkundens.

Erkenntnisse aus dem Projekt mit Ausblick auf zukünftige Projekte

Die Integration von VR in den Bildungsbereich kann sich positiv auf das Engagement und die Motivation der Schüler*innen auswirken. Den Schüler*innen eine neue Lernerfahrungen zu ermöglichen geht auch einher mit einer verbesserten Lernmotivation sowie dem Kompetenzzuwachs auf verschiedenen Ebenen:

Die neuartige Technologie von VR wirkt auf die Schüler*innen aktivierend. Die Interaktivität und Immersion von VR bieten eine lebendige Lernerfahrung, die den Unterrichtsstoff nicht nur interessanter gestaltet, sondern auch das intrinsische Interesse der Lernenden weckt.

Durch die gemeinsame Planung von Projekten in VR lernen die Schüler*innen ihre Meinungen zu verteidigen und Kompromisse einzugehen, um erfolgreich abzuschließen. Die Teilung der VR-Brillen in Kleingruppen fördert zudem das kooperative Lernen und den Austausch unter den Lernenden. Im Rahmen des Projekts gestalteten die Schüler*innen ihre eigenen virtuellen Welten, wodurch sie VR über den Gaming-Kontext hinaus kennenlernen konnten.

VR eröffnet den Schüler*innen Zugang zu Simulationen und Erfahrungen, die in der realen Welt nicht möglich sind. Virtuelle Exkursionen und die Erkundung historischer Ereignisse werden so zu greifbaren Lernmöglichkeiten. Die Anwendung von VR ermöglicht praxisnahes Lernen, indem die Schüler*innen in virtuellen Umgebungen experimentieren und forschen können. Dies eröffnet neue Wege für die Anwendung theoretischer Konzepte und fördert eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff.

Mehr Eigenmotivation und verbesserte Medienkompetenz

Die Bildungswelt durchläuft bedingt durch die Digitalisierung der gesamten Lebens- und Arbeitswelt eine beeindruckende Transformation. Virtual Reality ist Teil dieser Entwicklung und erweist sich als eine der aufregendsten Innovationen, die das Lernen in den letzten Jahren bereichert hat. Die Einführung von VR in Bildungseinrichtungen kann nicht nur die Art und Weise, wie Schüler*innen und Lehrkräfte Wissen vermitteln und aufnehmen, grundlegend verändern, sondern öffnet auch faszinierende neue Möglichkeiten für immersives Lernen, um das Engagement, die Motivation und die praktische Lernerfahrung zu intensivieren. Schulprojekte wie die beschriebenen, sind ein sehr niedrigschwelliger Einstieg, um die Möglichkeiten von VR im Unterricht gemeinsam mit den Lehrkräften und Schüler*innen zu erproben und Neugierde und Offenheit für den weiteren Einsatz zu erreichen.

Virtual Reality bereichert Unterricht an Schulen in Leipzig


Frank Lamack, Senior Consultant XR | Telekom MMS 

Frank Lamack hatte in seinen 25 Jahren in der Telekom MMS bereits viele Rollen inne; sein Schwerpunkt lag dabei bis heute in der Nutzung von 3D und Virtueller Welten (AR, VR) sowie kreativ-nutzerzentriertem Denken. Als Senior Consultant XR berät er Kunden umfassend zu bestehenden und demnächst marktreifen Lösungen im Umfeld von AR, VR und MR für Spatial Collaboration, VR Learning oder Branding im virtuellen Raum. Mit seinem breiten Spektrum von Konzeption, Design, Realisierung sowie Training und Moderation schafft er für unsere Kunden den Spagat aus Nutzbarkeit und Innovation, um neue Geschäftsfelder zu entwickeln und so nachhaltigen Erfolg abzusichern.