Industrie 4.0 ist seit einigen Jahren in aller Munde, mittlerweile ist es sogar zu einem Modewort geworden, um alle Aktivitäten von Unternehmen und Digitalisierung zu bezeichnen. Ursprünglich wurde der Begriff im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung 2006 entwickelt.
Genauer wird mit Industrie 4.0 der Einsatz von Technologien der IT und Elektronik sowie intelligenter Informations- und Kommunikationsprozesse in und zwischen Unternehmen verstanden, so dass Maschinen (teil)automatisiert untereinander kommunizieren können und dadurch wiederum die Produktionsprozesse optimiert werden.
Dabei werden Verfahren der Automatisierungstechnik, Selbstdiagnose und -optimierung eingesetzt. Somit kann und wird die Produktionsbranche die Informationstechnologie in eigene Geschäftsprozesse integrieren und gerade auch ihre Geschäftsmodelle auf Basis der Möglichkeiten der Digitalisierung erweitern und neu kreieren. Diese Entwicklungen leiten eine neue industrielle – die 4.0 – Revolution ein.
Digitales Eco-System
Alles soll untereinander vernetzt sein: Menschen, Maschinen, Logistik und Produkte. Diese digitale Vernetzung stellt die Basis für ein übergreifendes Denken in Geschäftsmodellen dar. Nicht das einzelne Unternehmen steht im Vordergrund, sondern die Gesamtheit der Wertschöpfung – und zwar zwischen – und überbetrieblich sowie über geografische Grenzen hinweg.
Dieser Ansatz liefert die neue digitale Grundlage jeglicher strategischen Ausrichtung von Unternehmen und Organisationen. Somit entsteht ein umfassendes digitales Eco-System.
Diese übergreifenden Wertschöpfungsketten schließen alle Phasen eines Lebenszyklusses eines Produktes ein – von der Idee und Innovation über die Entwicklung, Produktion, Nutzung sowie Wartung und Recycling.
Produkte werden entwickelt, um Kundenbedürfnisse zu stillen. Durch die Vernetzung und damit den Einbezug des Kunden, können so leichter Bedarfe des Kunden digital gemonitort werden und fließen automatisch in die Produktentwicklung ein. Durch diese Transparenz können individuelle bzw. passgenaue Produkte mit den dazugehörigen Dienstleistungen erstellt werden. Die Individualisierung von Produkten wird zunehmend der Standard.
Digitalisierung ist und wird Standard
Die Digitalisierung ist sicherlich einer der größten technologischen und organisatorischen Veränderungsprozesse. Einer aktuellen Befragung, konkret von Einkäufern, zur Folge gehen 46 Prozent aller Befragten davon aus, dass die Unternehmen noch bis zu zwei Jahre zur Umsetzung der Ziele im Bereich Industrie 4.0 benötigen.
Mittelstand benötigt noch Zeit für Umsetzung von Industrie 4.0
Der Branchenverband Bitkom hat zur diesjährigen CeBIT eine Studie veröffentlicht, die noch optimistischer stimmt. Die USA und Deutschland nehmen hier weltweit eine Vorreiterrolle ein:
So bieten bereits 43 Prozent der IT-Unternehmen konkrete Produkte und Dienstleistungen für den Bereich Industrie 4.0 an. Nach Angaben von Bitkom habe sich hier die Zahl in den letzten drei Jahren fast verdoppelt. Außerdem erwartet Bitkom bis 2025 eine Produktivitätssteigerung von 78,5 Mrd. Euro, primär in Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Automobilindustrie, Elektrotechnik und der chemischen Industrie.
Aber auch 65 Prozent konstatieren bei der Bitkom-Studie, dass viele Unternehmen sich nur zögerlich dem Thema Digitalisierung bzw. Industrie 4.0 annehmen. Als großes Hemmnis für die digitale Transformation werden die unterschiedlichen Standards im Bereich der Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M) mit 63 Prozent gesehen.
Standards & Maschinenkommunikation
Die Koordination von Maschinen, die Kommunikation sowie Optimierung von Produktionskomponenten und damit auch das Setzen von Kommunikationsstandards sind die Basis für M2M-Kommunikation und damit für Industrie 4.0. Einheitliche Standards sind essentiell für jegliche Kommunikation per se in einem umfassenden Wertschöpfungssystem.
Vor zwei Jahren wurde die Plattform Industrie 4.0 vom BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) ins Leben gerufen, damit ein Austausch und eine gemeinsame Entwicklung zu Industrie 4.0 stattfinden können. So wurde von der Arbeitsgruppe „Referenzarchitekturen, Standards und Normung“ dieser Plattform das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (kurz RAMI 4.0) entwickelt. Dieses Modell führt die wesentlichen Elemente von Industrie 4.0 in einem dreidimensionalen Schichtenmodell zusammen. So können Technologien und Entwicklungen im Bereich von Industrie 4.0 genau eingeordnet und weiterentwickelt werden.
Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0)
Diese service-orientierte Architektur kombiniert die Komponenten von Industrie 4.0 sowie das Lebenszyklusmodell. Dabei werden auch Aspekte wie Recht, Datenschutz und IT-Sicherheit abgebildet. Dieses Architekturmodell ist bildet mittlerweile einen nationalen und internationalen Standard (s. DIN SPEC 91345)
Als nächste Schritte innerhalb der Standardisierung werden auf Basis dieses Referenzrahmens konkrete Teilmodelle für Prozesse, eine gemeinsame Sprache für die Kommunikation innerhalb von Industrie 4.0 sowie Empfehlungen für die Implementierung von der Arbeitsgruppe des Zusammenschlusses der Plattform Industrie 4.0 entwickelt.
So wie die deutsche Industrie in der Vergangenheit für verschiedene Technologien in Bereichen wie Maschinenbau oder Elektrotechnik Standards gesetzt hatte, werden auch hier und jetzt wiederum Standards entwickelt.
Anwendungsgebiete
Auf dieser Plattform Industrie 4.0 werden auch viele Anwendungsbeispiele aufgeführt. Hier können sich Unternehmen informieren und auch untereinander vernetzen.
Grob können die Anwendungen der Industrie 4.0 in die folgenden Anwendungsgebiete klassifiziert werden:
- Auftragsgesteuerte Produktion
Hierbei steht die Integration von Wertschöpfungsketten mit dem Ziel einer Steigerung der Kosteneffizienz im Vordergrund, gerade bei kleinen Losgrößen. - Value-based Services
Dienstleistungen, die die Produkte komplementieren, z.B. eine bedarfsgesteuerte Wartung. - Assistenzsysteme
Automatisierungslösungen im Produktionsprozess und zur Steigerung der Energie-Effizienz werden unter dieser Kategorie verstanden. - Transparenz ausgelieferter Produkte
Hierunter werden die Produktverbesserungen bzw. die seitens des Kunden verstanden. - Wandlungsfähige Fabrik
Unter einer wandlungsfähigen (resilienten) Fabrik wird ein wandelbares Produktionsunternehmen verstanden, welches leicht auf Markt- bzw. Konjunkturschwankungen reagieren kann. - Adaptive Logistik
Logistische Prozesse sind flexibel und können so leicht erneuert und optimiert werden. - Smart Engineering
Hierunter wird eine kollaborative, integrierte Produktentwicklung, typischerweise in einer gemeinsam genutzten Cloud-Infrastruktur verstanden.
Ein Beispiel für Industrie 4.0 ist das Telematik-Portal für Schmitz Cargobull, den Marktführer im Nutzfahrzeugbau in Europa:
TelematicOne von Schmitz Cargobull
So wurde das Telematik-Portal so weiterentwickelt, um auch Möglichkeiten von Internet of Things zu integrieren. Neben der GPS-Position des Fahrzeugs, Geschwindigkeit und Ruhezeiten werden auch Daten des Fahrzeugs, wie Funktion der Bremsen, Luftdruck und Reifenzustand sowie die Verläufe der Kühltemperatur von Waren, in einem Telematik-Portal (TelematicOne) zur Verfügung gestellt. Alleine in Deutschland können auf der Plattform rund 280 Anwendungsbeispiele im Bereich Industrie 4.0 recherchiert werden.
Diese Industrie 4.0-Landkarte zeigt, dass in vielen Unternehmen Industrie 4.0 schon entwickelt und angewendet wird. Diese Einzelanwendungen können dann miteinander kombiniert werden und tragen dazu bei, das Gesamtbild eines digitalen Eco-Systems sukzessive zu komplementieren.
Anwendungsbeispiele Industrie 4.0 in Deutschland
Ausblick
Die vierte industrielle Revolution hebt die Wertschöpfung in Produktionsunternehmen auf eine neue Ebene, eine neue Wertschöpfungsebene. Die Vernetzung zwischen Maschinen, Prozessen, Unternehmen und Produkten führt zu einer höheren Effizienz. Genau diese Effizienz führt zu einer besseren Marktdurchdringung und schafft die Basis für Produkt- und Marktexpansionen. Die Integration der Möglichkeiten von Internet of Things ermöglicht es, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
In Zukunft werden Maschinen in der Lage sein, ad hoc Kommunikationsverbindungen aufzubauen und somit Prozesse quasi autonom zu gestalten. Die Basis könnten dann Mash-up-basierte M2M-Architekturen sein. Neben der Maschinenkommunikation und IoT wird so die Flexibilisierung von Prozessen und damit Wertschöpfungsketten zunehmen.
Quellen:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/industrie-40.html
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