Maximilian Jäger, Wirtschaftsmathematiker und Data Scientist, Telekom MMS

„Wird oft zusammen gekauft“ und „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“ sind zwei überaus bekannte Rubriken des Versandhändlers Amazon. Doch was steckt eigentlich hinter den Empfehlungen, die hier gegeben werden, und wie können sich andere Unternehmen diese Konzepte zu Nutze machen?

Für die T-Systems begleiten wir derzeit ein Projekt, das sich mit eben jenen Fragen auseinandersetzt. Um es kurz zu machen: hinter den Rubriken steht eine Methodik, die als Warenkorbanalyse bekannt ist. Sie soll künftig auch das Sales-Team der T-Systems dabei unterstützen, innerhalb des großen, sich stetig weiterentwickelnden Portfolios geeignete Empfehlungen für die zahlreichen Kunden zu geben. In diesem Blog-Beitrag möchten wir einen Einblick in die zugrundeliegende Thematik und insbesondere die Hürden und Erkenntnisse aus diesem Projekt geben.

Das Konzept hinter Verkaufs-Empfehlungen – Was ist eine Warenkorbanalyse?

Bei einer Warenkorbanalyse geht es darum, Beziehungen zwischen häufig zusammengekauften Produkten/Dienstleistungen zu identifizieren. Diese Beziehungen werden als Assoziationsregeln formuliert und liefern später die Grundlage für kundenspezifische Empfehlungen.

Beispielsweise nehme man an, dass ein großer Anteil der Kundinnen und Kunden eines Supermarkts zu Brot und Butter auch Marmelade einkaufen. Dann ist es wahrscheinlich, dass die Warenkorbanalyse unter anderem eine Regel „Brot, Butter -> Marmelade“ findet und als eine sinnvolle Empfehlung erachtet. Während diese Empfehlung vielleicht wenig überraschend sein mag, sei an den Mythos von Männern mittleren Alters erinnert, die am Wochenende häufig Windeln und Bier kauften. Dies bleibt zwar eine etwas geschmacklose Erzählung, verbildlicht aber durchaus das Potenzial der Warenkorbanalyse.

Auf welche Daten kommt es an?

Um eine Warenkorbanalyse durchführen zu können, muss zunächst entschieden werden, wie man einen Warenkorb definieren möchte. Hierfür gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze, denen wir der Anschaulichkeit halber auch Namen geben wollen:

  1. „Supermarkt“-Ansatz: In diesem Szenario besteht ein Warenkorb aus allen Produkten/Dienstleistungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt gekauft wurden.
  2. „Versandhandel“-Ansatz: Hier besteht ein Warenkorb aus allen Produkten/Dienstleistungen, die von einem bestimmten Kunden oder Kundin über einen längeren Zeitraum gekauft worden.

Die Wahl des richtigen Ansatzes kann variieren und ist abhängig von der Verkaufsstruktur eines Unternehmens. Um die Unterschiede zu verdeutlichen, betrachte man einen beliebigen Supermarkt. Üblicherweise kaufen Kund*innen mehrere Produkte gleichzeitig, weshalb es Sinn ergibt, ihren Warenkorb hinsichtlich häufig zusammengekaufter Produkte zu untersuchen.

Im Fall der T-Systems werden im B2B-Kontext Produkte/Dienstleistungen jedoch häufig einzeln gekauft. Infolgedessen ist es zwingend notwendig, den Warenkorb eines Kunden durch dessen Käufe aus der Vergangenheit zu erweitern. Hier ist folglich nur der zweite Ansatz zielführend. Als Quelle für die zugehörigen Daten haben wir den Auftragseingang ausgewertet.

Nach Definition des Warenkorbs kann theoretisch die Datenverarbeitung beginnen und der Grundstein für die Warenkorbanalyse ist gelegt. In der Praxis hingegen haben wir festgestellt, dass sich das Portfolio der T-Systems häufig und in unregelmäßigen Abständen ändert. Diese Änderungen beinhalten insbesondere die Kombination und Neuaufteilung von Portfolio-Elementen, was es kompliziert macht, diese nachzubilden. Unsere Erkenntnis daher: frühzeitig das Portfolio-Management einbeziehen.

Welche Empfehlung ist die „Beste“?

Wie bereits erwähnt, liefert die Warenkorbanalyse als Ergebnis Assoziationsregeln, aus denen Empfehlungen abgeleitet werden können. Hat man eine Reihe von Regeln, die für einen Kunden oder eine Kundin relevant sind, stellt sich anschließend die Frage, welche Regel nun die „beste“ sei. In diesem Zusammenhang trifft man auf statistische Eigenschaften von Assoziationsregeln wie „confidence“, „lift“ oder „support“, die zur Beantwortung genutzt werden können. Es gibt ein eigenes Forschungsfeld unter dem Namen „subjective interestingness“, in dem versucht wird, ein geeignetes Maß für die Relevanz einer Empfehlung zu finden.

Wie „subjective“ jedoch bereits suggeriert, muss schlussendlich jedoch das Sales-Team entscheiden, welche Vorschläge relevanter sind als andere. In unserem Projekt haben wir uns deshalb entschieden, gezielt Feedback einzuholen, um dann im Nachgang zu entscheiden, welches statistische Maß unserem Anwendungsfall am ehesten genügt.

Neben der statistischen Auswertung haben wir zur Beantwortung der Frage, welche Empfehlung letztlich die „beste“ sei, vor allem auch die folgenden Details beachtet:

  • strategische Ausrichtung des Portfolios
  • Verfügbarkeiten (zeitlich und regional)
  • technische Ausschlüsse unter Portfolio-Elementen
  • Relevanz der Empfehlung für bestimmte Branchen
  • Resultate vergangener Verhandlungen
  • Existenz laufender Verträge

Ausblick: Wie empfehle ich brandneue Portfolio-Elemente?

Wer ein bisschen zwischen den Zeilen gelesen hat oder sich bereits mit Warenkorbanalyse auskennt, dem ist vielleicht aufgefallen, dass man nur Empfehlungen für Produkte/Dienstleistungen geben kann, die in der Vergangenheit bereits verkauft wurden. Wie kann man aber auch brandneue Empfehlungen geben?

Ein spannender Ansatz aus dem Bereich des maschinellen Lernens ist, einen Klassifikator zu implementieren, der entscheiden soll, ob eine Menge von Produkten/Dienstleistungen gut zusammenpasst oder nicht.

Übrigens: damit mit man einen Klassifikator trainieren kann, braucht es in erster Linie sehr viele Beispiele von guten Kombinationen von Portfolio-Elementen und auch von schlechten Kombinationen. Die guten Beispiele liefert uns aber gerade die Warenkorbanalyse, die auf dem Kaufverhalten der Kunden basiert, und die schlechten Beispiele kann man einfacherweise durch zufällige Kombinationen konstruieren. Die Kunst ist schließlich, den Portfolio-Elementen dann noch geeignete Eigenschaften zuzuordnen, die bei der Klassifikation helfen.

Wer Lust hat, einen solchen Klassifikator in Aktion zu sehen, kann die Funktion „COMPLETE THE LOOK“ im adidas Online-Shop ausprobieren. Auf dem diesjährigen „Data Festival“ in München hat adidas vorgestellt, wie sie Produkt-Eigenschaften wie Farbe oder Stil nutzen, um Empfehlungen zu verbessern.



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Maximilian Jäger ist Wirtschaftsmathematiker und Data Scientist. In seinem Studium an der Universität Leipzig hat er sich auf Optimierung und statistisches Lernen spezialisiert. Seit 2021 ist er bei der Telekom MMS beschäftigt und begleitet Projekte mit den Themenschwerpunkten Recommendation Systems und Demand Forecasting.